(c) 2017 Karl Baumann: ‎⁨Musée Rodin⁩, ⁨Paris⁩, ⁨Île-de-France⁩, Photographie iPhone SE, Frankreich im März

Es finden sich in der Theorie über die Frage, warum Menschen etwas tun, also Aktivitäten ausführen, die eine mit mehr, die andere mit weniger Leidenschaft1Abhandlungen dazu finden sich unter “Motivation” & “Motivationstheorien”, “Arbeitsmotivation“, “Anreiz”, “Antrieb“ & “Antriebsstörungen“, “Rationalität“ und letztlich “Entlohnungsmodell“ oder “Bezahlungsmodell”., verschiedene Theorien. Das Spektrum der Theorien ist derartig weit gestreut, dass sehr viel Spielraum bleibt, in deren Verwendung. Oder, anders gedacht, diese Theorien lassen sich wunderbar für die verschiedensten Zwecke ausnutzen.

War es zunächst eine Domäne der Medizin, Anthropologie oder der Philosophie, so wurden die Themen um “Antrieb des Menschen”, ”Sinn & Zweck des Lebens und des Tuns”, die Frage um die „Existenz“ und Formen von „Arbeit“ im 20. Jhd. immer mehr von der Psychologie2Die Psychologie, so scheint es mir, interessierte sich vor allem um die pathologischen Auswüchse, also Antriebslosigkeit, Depression, etc., dann von der Soziologie und letztlich auch vom „Forschungsbereich“ der Betriebswirtschaftslehre, insbesondere dem Bereich Personalmanagement,„human resources management“, Führungstheorie und leider auch Controlling (teilweise) übernommen.

Somit sind Maslow’sche Bedürfnispyramide, Hygienefaktoren von Herzberg oder die Anreiz-Beitrags-Theorie nach Vroom bzw. Simon, von der sich letztlich dann auch die Prinzipal-Agenten-Theorie ableiten lässt3Auch wenn das die ErfinderInnen und diejenigen, die die Auswüchse (z.B. wie die der größten bis zu diesem Zeitpunkt dagewesenen globalen Wirtschaftskrise zu Beginn des 21. Jhd.) davon eigentlich zu Verantworten haben, kaum bewusst sind oder so sehr wahrscheinlich nicht zugeben würden oder auch einfach soweit nicht gedacht haben. oder auf dessen Basis sich die Prinzipal-Agenten-Theorie entwickeln konnte, Teil herkömmlicher, moderner Managementbücher geworden.

Die Theorien und letztlich auch die tatsächlichen Wirtschafts- und Arbeitswelten, die sind daraus ergeben, sind insofern primitiv4Das Adjektiv „primitiv“ bezieht sich hierbei auf den kulturellen Entwicklungsgrad einer Gesellschaft und kommt im ethnologischen Kontext zumeist kaum noch vor, da man sich darauf verständigt hat, dass dieses Attribut für die Erklärung von menschlichen und somit grundsätzlich individuell und kollaborativ reflektierenden Kommunikationssystemen unpassend ist. Somit kommt der Begriff nur noch in der „Biologie“, also in der Erforschung von Tieren und Tierwelten vor., als (zumindest)

(1) die (menschliche) Ästhetik mit dessen Fähigkeit, wahrzunehmen,

(2) das (menschliche) Hirn mit dessen Fähigkeit der Vernetzung von Information und Ausbildung von Sinn, Moral und Wertigkeiten

von der Betrachtung ausgeschlossen oder in der Betrachtung nicht (ausreichend) berücksichtigt sind5Um vermeintlich schlüssige Theorien entwickeln zu können, ist es eine leider bekannte Strategie, Dinge, die nicht in das Theorie-Gebilde passen, einfach von der Betrachtung auszuschließen. Zumeist mit dem Argument, dass diese Dinge für die spezifische Theorie nicht relevant, passend, etc. wären, da keinen Einfluss, etc..

So ist es möglich, dass sich folgende, paradoxe Fragestellung ergibt:

Ausgangssituation

  • EinE MitarbeiterIn in einem Unternehmen wird für bestimmte Aufgaben mit bestimmten Verantwortungen (Personal, Budget, Vermögen) eingestellt. Bei der Rekrutierung der/des Mitarbeiterin/s wird von Seiten der Organisation geprüft (mittels Interviews, Assesment-Center, Teste, etc.), ob die/der BewerberIn die für die Aufgaben (üblicherweise entsprechend einer Stellenbeschreibung und eines Anforderungsprofils) notwendigen Voraussetzungen erfüllt und (zumeist auch im Vergleich mit anderen BewerberInnen) am besten geeignet und motiviert ist.
    Die/Der BeweberIn ihrer-/seinerseits gibt an, die Aufgaben nach besten Wissen und Gewissen ausüben zu wollen und ihrer/seiner Möglichkeiten entsprechend sich für die Aufgabenstellung einzusetzen.

Fragestellung

  • Die paradoxe Frage, die sich aufgrund von Anreiz-Beitrags-Theorie und Prinzipal-Agenten-Theorie nunmehr stellen lässt, ist, warum sollte die/der MitarbeiterIn mehr, besser, engagierter, etc. arbeiten, wenn sie/er zusätzlich zu einer verhandelten (Basis-)Bezahlung eine Bonuszahlung6Es sei angemerkt, dass die Ausgestaltung der konkreten Bonuszahlung (an welche Bedingungen die Zahlung/en geknüpft ist/sind) jeweils situativ sehr unterschiedlich sein kann und auch mehr oder weniger sinnvoll erscheinen mag. erhält?

Die Paradoxie ergibt sich dadurch, dass

  • durch das Abfragen der verantwortlichen Personen im Unternehmen bei der/dem (neuen) Mitarbeiter/In, ob Sie sich geeignet für die zu übernehmenden Aufgaben & Verantwortungen und die zu übernehmenden Aufgaben & Verantwortungen auch attraktiv und (inhaltlich) interessant sind und
  • durch die Zustimmung der/des Mitarbeiterin/s und deren/dessen Versicherung, nach besten Wissen und Gewissen zu arbeiten

dem Grunde nach eine Art „optimale Allokation“ oder eine Art „moralischer Vertrag“ zustande gekommen ist, der eine Bonuszahlung per se absurd macht.

Voraussetzung dafür ist, dass

  • die verantwortlichen Personen im Unternehmen im Zuge der Verhandlungen keine Ver-Sprechungen7Im herkömmlichen Sprachgebrauch würde hier „falsche Versprechungen“ stehen. Dies ist jedoch dem Grunde nach redundant bzw. widersprüchlich, als bereits der Begriff Versprechung von „sich versprechen“ abgeleitet werden kann und somit auf eine “falsche Aussage”, ein “falsches Sprechen” hindeutet. Die Schreibweise und die damit verbundene Betonung als „Ver-Sprechung“ deutet darauf hin. oder falschen Erwartungen bei der/dem Mitarbeiter geweckt haben und im Verlaufe der Zusammenarbeit ihren Teil der Vereinbarung auch gewissenhaft erfüllen und
  • der/die MitarbeiterIn keine falschen Fähigkeiten und Interessen bei den verantwortlichen Personen im Unternehmen angegeben hat und in weitere Folge auch ihrer/seiner Fähigkeiten und Möglichkeiten den Vereinbarungen gemäß arbeitet.

Eine Bonuszahlung wäre insofern nur dann sinnvoll, würde eine der beiden Seiten gewisse Teile dieses „Vertrags“ nicht entsprechend erfüllen. Das Unternehmen will mehr Aufgaben, mehr Verantwortung, als ursprünglich vereinbart oder die/der MitarbeiterIn arbeitet nicht entsprechend ihrer/seiner vollen Möglichkeiten.

In beiden Fällen ist eine Bonuszahlung in einer solchen Situation die Bestätigung dafür, dass sich das Unternehmen oder die/der MitarbeiterIn nicht entsprechend der Vereinbarungen, also z.B. opportunistisch bzw. als “freerider” verhält.

Für jemanden, der somit davon ausgeht, dass ein solcher Vertrag zwischen Unternehmen und sich selbst herzustellen ist und sie/er auch nach dem Ethos arbeitet, dass sie/er entsprechend der Vereinbarung das best mögliche tun wird und diesem Tun, dieser Arbeit ein bestimmter, besprochener Wert (Lohn, Gehalt) beigemessen wird, so kann sich die Frage nach einer Bonuszahlung für Mehr- oder bessere Arbeit (z.B. aufgrund von zusätzlicher Motivation) nicht stellen.

Plant das Unternehmen oder die/der MitarbeiterIn grundsätzlich nur temporär zusammen zu arbeiten, oder möchten die Verantwortlichen im Unternehmen das unternehmerische Risiko über das besprochene Maß hinaus auf die/den MitarbeiterIn abgeben oder möchte die/der MitarbeiterIn eine Notsituation, eine sich ergebende Gelegenheit kurzfristig für sich ausnutzen, erst dann machen Bonuszahlungen Sinn. Somit sind Bonuszahlung ethisch auf die gleiche Stufe zu stellen, wie z.B. Zahlungen für SöldnerInnen im Krieg.