Die Bildung des Menschen ist in erster Linie von dessen Möglichkeit, sich mit Literatur auseinander zu setzten, beeinflusst. Damit ist die dominante und überragende Stellung des Mediums Text in der Entwicklung von Verständnis und Selbstverständnis gemeint, dessen Bedeutung durch den Verlust an Freiraum für eine Auseinandersetzung mit niedergeschriebenen Gedanken (Theorien, Gedichte, Erzählungen etc.) vergeht.
So kommt doch kein neues Wissen hinzu, bestenfalls geht einiges verschütt, wenn nicht sogar verloren, als die Kurzlebigkeit einer aktionsorientierten Markt-Gesellschaft durchgreift. Dabei glaube ich nicht, dass heute weniger gelesen wird, es wird allerdings leichter gelesen – quasi „Lesen light“ und vor allem, es wird kaum mehr über das gesprochen, was gelesen wurde.
Vor allem das „Sprechen über“ das Gelesene ist bedauerlich wenig erkennbar, als gerade ein solcher Diskurs wünschenswert wäre. Insofern gibt es nichts Schöneres, als ein Gespräch zwischen Menschen ohne jeglichen Zweck oder jedweder Intention, als denn dann zwei „Göttinnen“ des Zusammenseins anwesend sind:
- die gegenseitige Aufmerksamkeit und
- der gegenseitige Respekt.
Als solches wäre es wieder notwendig, Zeit für derartige Auseinandersetzungen und Begegnungen zu schaffen. Es wäre – paradoxer Weise – eine aktive Bildungspolitik.