Die beste Anleitung zum Unglücklichsein ist sich ständig zu vergleichen – Neid, Gier, Eifersucht und Stolz, die mimetischen Kräfte (vgl. René Girard, Paul Watzlawick). Oder anders formuliert, das Schwierigste im Leben, um glücklich zu sein, ist einfach „nur“ zu beobachten ohne zu be-werten, was grundsätzlich unmöglich ist.
Welch schöne Paradoxie das Leben und unsere Ästhetik für uns parat hält. „Wettbewerb“ und „Leistung“ geht nur im Vergleich (competition, performance, success). Wo kein Vergleich, da keine „Leistung“ und auch kein „Erfolg“. Somit impliziert die „Leistung“ auch eine „Messung“ (zB Anzahl von „likes“ auf irgendwelchen „Online Plattformen“, die paradoxer weise „Social Media“, viel mehr müssten sie „Loneliness Builder“ oder „Depression Constructor“ genannt werden, denn Sie benutzen ganz bewusst die mimetischen Kräfte für ihre kommerziellen Interessen, wohl wissend, welchen Schaden sie damit anrichten).
Es war mal eine Tugend, nicht eitel zu sein. Es war mal eine tolle Charaktereigenschaft, nicht gierig zu sein. Es war mal eine edle Form des Zusammenseins, nicht oberflächlich und materiell zu sein. Es war mal bewundernswert, bescheiden und rücksichtsvoll zu sein. Es war mal das Wichtigste, ehrlich zu sein.
Wettbewerb und Leistung haben diese edlen Formen des sozialen Umgangs im zwischenmenschlichen Dasein weitestgehend verdrängt. Um zu Gewinnen ist nahezu jedes Mittel recht. Um erfolgreich zu werden ist Rücksichtslosigkeit anerkannt, ja vielleicht sogar gefordert. Um etwas zu erreichen, werde skrupellos. Um etwas zu erreichen, werde härter. Um etwas zu erreichen, werde jemand, der Du nicht bist und sei Dir sicher, Du wirst, so wie Du bist, niemals genügen. Denn eines ist sicher, es wird immer jemanden geben, der ist schöner, reicher, toller als Du.
Gute soziale Beziehungen beruhen darauf, so sein zu können, wie Frau/Mann ist. Schwäche zeigen heißt stark zu sein. Herzhaft lachen über die eigene Dummheit, wahrscheinlich eines der schönsten Gefühle, die es überhaupt gibt im Leben. Das, was uns zusammenschweißt.
Dabei erzeugt das Konzept von „Leistung“ zwingend auch „Einsamkeit“ und somit auch „Krankheit“, nach aktuellen Zahlen in epidemischen Ausmaß. Das verwundert kaum, denn „Leistung“ ist am Anfang des 21. Jhd. der heilige Kral, das unumstrittene Konzept hin zu vermeintlicher Zufriedenheit, das, wofür es sich lohnt, zu streben.
Dabei impliziert „Leistung“ auch „Wettbewerb“. „Wettbewerb“ ist grundsätzlich kein soziales Konzept. Es ist ein Gegeneinander, wie auch immer der Wettbewerb organisiert sein mag. Damit der „Wettbewerb“ vermeintlich sozial wird ist das Konzept von „Fairness“ entstanden. Somit ist es ein anti-soziales Konzept und fördert das Gefühl von Minderwertigkeit, das Gefühl, nicht genug zu sein, das Gefühl, nicht zugehörig zu sein. Wer nicht genug „leistet“ ist nicht gut genug. Kollaboration wäre das Gegenteil, das Verhalten, was Babys intuitiv zeigen. Sie sind sozial und hilfsbereit und kreativ.
Die mechanisch-faschistoide Alltagssicht impliziert das Konzept von „Leistung“, macht all jene einsam und letztlich krank, die „erfolgreich“ sein wollen, indem Sie etwas Besonderes „leisten“ im Vergleich zu, ja, im Vergleich zu wen oder was?
Das Konzept von „Leistung“ und das Gefühl von „Einsamkeit“ sind aufgrund der Notwendigkeit für ein (messbares) Vergleichen zwangsläufig miteinander verwoben. Je mehr Leistung, umso mehr Einsamkeit und somit auch umso mehr Krankheit in der Gesellschaft. Die aktuellen Public Health Zahlen bestätigen den Kollateralschaden der „Leistungsgesellschaft“. Es ist neben Stress und Ausgebranntheit (burn-out) vor allem die Einsamkeit, die uns krank macht.
Leistung fördert Minderwertigkeit und Minderwertigkeit ist das Epizentrum von Beziehungskrisen. Immer toll, tool, tool sein zu wollen, es macht garantiert einsam und letztlich unglücklich und krank.