Allein dadurch, dass „gegeneinander“ gearbeitet wird und nicht „miteinander“, entstehen enorme Kosten in der Geheimhaltung und Absicherung von Daten, Aufbau von Sicherheitszonen, Abschirmung von Informationen, das genaue Gegenteil von „open access“. Doch die größten „Kosten“ entstehen dadurch, dass Neuerungen, Entwicklungen, Forschung und letztlich auch Kunst nicht „miteinander“ gemacht werden und somit die Ressourcen gebündelt eingesetzt werden, um die „ganz einfache“ Vision einer „besseren Welt“ zu realisieren.
Wettbewerb kostet in seinen Folgewirkungen. Die Menschen werden bei dem „Kampf“ gegeneinander aufgezehrt, verbraucht, werden letztlich krank. Diese Krankheiten müssen behandelt werden und kosten somit den SteuerzahlerInnen Geld. Wettbewerb ist eine Form von Krieg, bei dem es nicht mehr um Mord und Todschlag geht, sonder „lediglich“ nur noch um die Vernichtung der WettbewerberInnen. Die Gesamtgesellschaftlichen Kosten, die aus Menschen entstehen, die sich im Wettbewerb aufreiben, ohne Strukturen vorzufinden, in denen sie sich gesund entwickeln können, ihre Kreativitäten ausleben können, um einem höheren Ziel zu dienen, als jenem, WettbewerberInnen zu besiegen, sind nur schwer einzuschätzen. Sie umfassen zumindest jene für die Beseitigung von Hunger, viele der Kosten für die Behandlung von Krankheiten, Kosten für Redundanzen in der Forschung1Meiner Schätzung nach werden 30-50% aller Gelder für Forschung & Entwicklung für redundante Projekte ausgegeben, anstatt sie koordiniert und abgestimmt in singuläre Projekte zu investiert., Kosten für die Herstellung von Sicherheitsabgrenzungen, Überwachungs- und Kontrollsystemen sowie alle Kosten in Zusammenhang mit einer Abgrenzung, Darstellung, Positionierung (z.B. Werbung) gegenüber den WettbewerberInnen2Werbung ist von Kommunikation insofern zu trennen, als die Manipulation von Konsumentenentscheidungen zum eigenen Vorteil (gegenüber Konkurrenzangebote) bewusst und eindeutig im Mittelpunkt steht..
So führen z.B. Ausschreibungsverfahren bei den konkurrierenden Unternehmen zwingen dazu, sich Wege zu überlegen, wie die KonkurrentInnen geschlagen werden können, was in den seltensten Fälle zu einer Lösungen führt, die mit einer insgesamt sinnvollen Lösung übereinstimmt. Im so genannten „Spitzensport“ wie auch in der so genannten „Hochkultur“ führt Wettbewerb in der Regel zu SiegerInnen, was gleichbedeutend ist mit individuellen Bestlösungen unter zumeist restriktiv geregelten Rahmenbedingungen3Die Regelwerke selbst von so einfachen Sportarten wie 100m Sprints sind umfangreich und eindeutig strukturreduktiv, also einzwängend, behindern den schöpferischen Freiraum und reduzieren somit das Handeln auf eine für die Entwicklung der Menschheit bzw. der Lösung globaler Herausforderungen mehr oder weniger sinnlose Einheit..
Wettbewerb, also das bewusste gegeneinander arbeiten, führt vielleicht in bestimmten Subbereichen zu guten Ergebnissen, jedoch gibt es keinen Grund anzunehmen, dass eine Summe von guten Subbereichsergebnissen zu einem insgesamt guten Ergebnis führen, es führt jedenfalls zu einer Spezialisierung von Arbeit bzw. Beschäftigungsfeldern. Dies steht im paradoxen Verhältnis zu einer Ausgewogenheit, zu einer insgesamt gesunden Lösung. Dies liegt „einfach“ daran, dass „gegeneinander“ statt „miteinander“ gearbeitet wird. Es wird nicht gefragt, was für die/den eine/n oder andere/n gut wäre, es wird nicht auf einander abgestimmt gearbeitet.
Immer wieder musste die Geschichte um die „Eroberung“ des Weltalls und der damit verbundene Wettbewerb zwischen den damaligen Blöcken im kalten Krieg USA und UDSSR dafür herhalten, um Wettbewerb als Allheilmittel für motivierte Menschen, für Fortschritt und für „optimale“ oder „effiziente“ Entwicklungen (inkl. Entwicklungsgeschwindigkeiten) zu dienen. Doch nunmehr knapp 50 Jahre nach Juri Alexejewitsch Gagarin, erster Mensch im Weltraum (1961), lässt sich sagen, dass (1) die bahnbrechenden Lösung für die globalen Herausforderungen (Frieden, Hunger, Gesundheit) wenig positiv, wenn überhaupt davon beeinflusst sind und (2) sehr wahrscheinlich auch die Raumfahrt heute in ihrer Entwicklung weiter vorangeschritten wäre bzw. weniger Rückschläge erlitten hätte, hätten die USA, UDSSR und andere schon von Beginn an zusammen gearbeitet, anstatt sich im Wettbewerb gegeneinander aufzureiben bzw. mehr oder weniger „irrsinnige“ Ziele zu verfolgen.
Das Konzept „Wettbewerb“ muss überwunden werden. Rivalität und Gegeneinander sind antiquierte, ja primitive und ungeeignete Methoden für ein gesundes und friedliches Zusammenleben, in dem sich die Menschen entsprechend ihrer Bedürfnisse und ihrer Kreativität entwickeln können. Neoklassizissmus und auch Neoliberalismus haben sich schon nach wenige Jahre ihrer „Erfindung“ als wenig lösungspotent erwiesen.
Eine gesellschaftliche (Weiter-)Entwicklung kann letztlich nur durch die Überwindung von Wettbewerb und bestenfalls dessen sehr dosierten Zulassen in organisierten Bereichen wie Sport gelingen. Sich mit andern zu zanken, streiten, in Konkurrenz zu stehen, sich zu duellieren, dass ist nicht weiter schwierig, das liegt quasi in all unserer „dunklen“ Natur. Sich mit anderen abzustimmen, zu kooperieren, zusammen an einer gemeinschaftlichen Lösung zu arbeiten, zurücktreten für das Gemeinwohl, Aggressionen abzubauen, miteinander konfliktfrei zu kommunizieren, etc., das muss erlernt und gefördert werden. Die Zeiten, wo wir uns gegenseitig die Köpfe einschlagen oder die Aufträge wegnehmen oder gierig die Ideen und Konzepte stehlen, sollten doch ein für allemal vorbei sein (können).4Reduziert auf die mikropolitischen Aushandlungen, die das Wesen einer Organisation und Gesellschaft bestimmen, ist es nicht besonders überraschend zu sehen, dass der Wettbewerb die Verhandlungsposition verbessert, als Optionen möglich werden, die als Druckmittel eingesetzt werden können. So gedacht wäre es denkbar, dass Wettbewerb eben nur deshalb notwendig wird, als es aus einer gewissen Not für Kommunikation und Verständigung entsteht. Radikal weiter gedacht und so gesehen ist Wettbewerb eine Folge von Missverständigung und undemokratisch zustande gekommenen Machtverteilungen. Die Utopie eines perfekten Marktes zur Schaffung einer optimalen Allokation, die ein “perfektes” Performance Maß der Unternehmung durch einen Aktienkurs verspricht, lässt unbeantwortet, wieso es nur einer sehr beschränkten Schicht von Menschen möglich ist, ein Unternehmen zu gründen und an der Börse notieren zu lassen.
Erst sofern auch diese Voraussetzung vorhanden ist, wären Bedingungen hergestellt, die die Schicht der Kapital-EignerInnen mit denen der nicht Kapital-Eigner auch in diesem Punkt gleich stellen würde.
Ich bin mit den Aussagen des Beitrages nur teilweise einverstanden – ja exzessiver Wettbewerb macht krank! Die Frage was frau/man unter exzessiv versteht stünde im Vordergrund aller Betrachtungen.
Ohne auf Adam Smith näher einzugehen, der im Wettbewerb ein steigendes Gemeinwohl sieht (seine Volkswirtschaftslehre ist 250 Jahre alt und Smith kannte die modernen Auswüchse natürlich nicht), entsteht jede Innovation letztlich aus Wettbewerb: die Produkte werden dadurch besser und billiger (oder wie das folgende Beispiel zeigt: sie entstehen überhaupt erst durch Wettbewerb).
Ein Beispiel aus meinem eigenen Erfahrungsbereich: Tschechien (bzw. damals noch Tschechoslowakei) hatte versucht, alle Kräfte der Pharmaforschung in einem zentralen Forschunginstitut zu bündeln – eine forschende Pharmaindustrie konkurrierender Unternehmen gab es nicht. Der Leiter (Protiva) war ein exzellenter Chemiker, seine Mitarbeiter ebenfalls und trotzdem hat Tchechien in der Nachkriegszeit bis zur Wende nicht ein einziges eigenständiges Arzneimittel gefunden, während die übrige Welt zur gleichen Zeit all das entwickelte, was noch heute in den Apotheken verkauft wird. Aber auch in anderen Ländern mit Staatsmonopolen, war die erfolgreiche Entwicklung technischer Produkte eher dürftig. Das „Abstimmen, Kooperieren, Aggressionen abbauen“ gelingt allenfalls in einer gut geführten Firma – und da schon schwer genug. Kooperationen mit anderen Firmen sind in Teilbereichen möglich (und existieren ja auch), sie kommen jedoch nur zustande, um Wettbewerbsvorteile gegenüber anderen (ebenfalls kooperierenden) Firmengruppen zu haben. Wir müssen mit dem Wettbewerb leben!
Kein Wettbewerb bedeutet keinesfalls den Aufbau von Staatsmonopolen.
Die Alternative zu Wettbewerb sind – das fällt mir zumindest ein – (globale) Visionen, vielleicht sogar demokratisch entwickelt/entschieden. Verschiedene NGOs und/oder not-for-profit Organisationen (NPOs) beweisen dies eindrucksvoll.
Sicher – aber NGO’s und NPO’s entwickeln auch keine Arzneimittel und bauen keine Fernsehapparate. Gerade weil es bei NPO’s auch wissenschaftliche Netzwerke gibt, weiß ich, dass diese zwar nicht „bösartig“ konkurrieren (einige tun es zwar), aber bisher auch nicht viel „Handfestes“ aufweisen können. Wissenschaftliche Kooperationen zwischen internationalen Med-Unilabors arbeiten oft hervorragend zusammen, es entstehen dann papers, abstracts und Absichtserklärungen. Um aus solchen Anregungen ein Produkt zu entwickeln, bedarf es dann leider wieder der Industrie im Spannungsfeld des Wettbewerbs, das der Beitrag wohl zu Recht anprangert. Mein Pessimismus beruht darauf, dass ich schon zu lange gelebt habe – ich ließe mich aber gerne vom Gegenteil überzeugen – wenn es nicht zu lange dauert. Visionen haben oft einen ziemlich langen Erwartungshorizont, ohne Visionen wären wir allerdings kaum kreativ.