(c) Alfred Rhomberg 2009: komlexe Geschehnisse

Er kommt schleichend, ohne dass du es bemerkst, ja selber sogar bemerken kannst. Er erwartet dich hinter den Schaufenstern, wo dich grinsende VerkäuferInnen, die Shop-ManagerInnen und diese die/den BereichsleiterIn und diese die/den RegionalleiterIn und diese die/den LandesleiterIn und diese das Top-Management im Nacken haben. Er lacht dir entgegen von tausenden Plakaten, Werbungen, Anzeigen, die auf dich einprasseln. Er wird ermutigt durch die „Österreich“, die „Krone“, den „ORF“, „CNN“ und „N-TV“.

Sie finden alle, dass er ihnen gut tut. Längst verdrängt ist sie die Gewalt, Misshandlung, Ausbootung, die gegenseitige subtile Brutalität, die ihn erst ermöglicht. Der Stolz ist gut, denn er führt zu Erfolg, das Selbstvertrauen wunderbar, denn es führt zur Karriere, das Gewinnen oberstes Prinzip, denn es führt zu Ruhm & Anerkennung, die Nützlichkeit selbstverständlich, denn sie muss maximiert werden.

Er kommt, wenn du dich vergisst, ganz ohne dich anzustrengen, schleichend. Er kommt, wenn du damit beginnst, nur noch an dich zu denken und die Konsequenzen, von dem was du da machst, vergisst, ausblendest, verdrängst. Er lauert im lukrativen Jobangbot, der Karriere, er lauert in lukrativen Börsengeschäften, dem schnellen Geld, er lauert im Glücksspiel, er lauert ganz in der Effizienz, in der optimalen Rationalität. Er lauert in der Ausbeutung, der eigenen Prostitution, die dir als Herausforderung verkauft wird. Er lauert in den Dingen, die dir den Status geben, den du nicht hast und auch nicht brauchst. Er lauert in der Gelegenheit, zu manipulieren oder zu tun, was die Massen wollen. Er lauert in genau dem Rausch, den die Menschen-Massen einzig für populäre Taten auslösen, der Popularität. Er lauert in der einmaligen Gelegenheit, sich eine Zukunft ohne Sorgen und Gefahren aufzubauen. Er lauert auf dich bei der Gelegenheit, das Vertrauen zu brechen, dem Reiz von schnellem Sex, der Vorstellung von unkomplizierter Beziehung. Er kommt schleichend mit großer Knautschzone, Airbags, ABS, teuren Labels und wenig Zeit.

Ist er da, so kommt es dir wunderbar vor. Du fühlst dich frei, grenzenlos. Nichts und niemand kann dich noch aufhalten. Du hast Geld und Gelegenheit, dir alles zu kaufen, ohne es zu wollen.  Du hast Macht und Gelegenheit, den Menschen-Massen zu geben, was sie wollen. Rings um dir herum wir dir das als Erfolg bestätigt. Du fühlst dich großartig, das Leben rast an dir vorbei, der Erfolg beflügelt, mit Leichtigkeit geht es voran. Du machst schnelles Geld, im Job, an der Börse, im Casino, mit billigen Massenprodukten. Du kaufst, ohne es zu brauchen, alles, das Auto, das Haus, die Frau/en/ den Mann / die Männer, die Liebe. Du bist angekommen in der Welt der schönen und reichen, egal wie. Das ist ohnehin egal, dann längst bist du tot.

Überzeugungen sind biegsam geworden, Rationalität und Effizienz leiten deine Entscheidungen, das Glück im Leben ist egal, denn du bist zufrieden, hast alles, bekommst alles. Die Menschen kaufen bei dir, egal wie und was, die Karriere gibt die Verantwortung, egal wofür. Solange sie kaufen, du wichtig bist und immer mehr und mehr kaufen und du immer wichtiger wirst, muss es gut sein. Du willst nicht mehr Verändern, du willst optimieren. Du verbesserst dein Vermögen, dein Wohlbefinden, deine Gesundheit indem du deine Karriere, dein Auto, deine Wohnung, deinen Fernseher, deinen Laptop, dein Mobiltelefon, deinen Urlaub, deine Hobbies, deinEn FreundIn optimierst. Du optimierst und denkst dir dabei, dass es gut und notwendig ist, denn schließlich hast du Erfolg. Die Konkurrenz schläft nicht. Du musst schneller sein, musst optimieren, um auch weiterhin besser zu sein.

Die Optimierung und Rationalität bestimmt deine Auswahl, der Gedanke an den Wettbewerbsvorteil leitet dich. Es muss noch schneller, billiger – kurz effizienter gehen – alles, auch du. Die Zufriedenheit wird noch kommen, gewiss mit noch mehr Erfolg. Schließlich bekommst du so viel positive Rückmeldung, vom Chef, von den KundInnen, von der Versace-Verkäuferin, vom Mercedes Scout, vom Immobilien Makler. Sie freuen sich so für ihren Erfolg, beneidet werden sie dafür.

Störend sind diese Unfähigen, diese Nichts-Nutze, diese unverlässlichen Angestellten. Diese Mittellosen, die mit ihren kleinen Autos und billigen Schuhen faul in die Quere kommen. Nichts als Kosten. Lauter Kosten. All die Regeln, Formalitäten und Gesetze, an die sich doch kein Mensch halten kann, noch will. Längst hast du damit aufgehört, schimpfst einzig über Geschwindigkeitsbegrenzungen, Eindämmungen der Verschmutzung von Wasser und Luft, den lästigen Steuern, all der umständlichen Bürokratie, und überhaupt. Das behindert. Das Essen ist jetzt nicht mehr gut genug, egal wo, die Frau nicht jung genug, egal welche, das Auto nicht groß genug, egal wie groß, die Wohnung nicht designt genug, egal wie teuer.

Jetzt bist du tot, nicht physisch aber psychisch.

Die Effizienz hat dir deine Leidenschaft, die Optimierung deine Ästhetik, die Gier die Liebe und das Geld deine Sehnsucht genommen.