(c) Karl Baumann 2011: Tauchen, Hurghada im Dezember

Die Begriffe und Kontexte verändern sich über die Zeit und doch, die Zusammenhänge sind schon seit Jahrhunderten erkannt. Erich Fromm nannte es „Respekt“ und meinte damit aus heutiger Sicht „Empathie“, also die Fähigkeit, die Welt mit den Augen der anderen/des anderen zu sehen und – vielleicht noch viel wichtiger – die Gefühle nachempfinden und sich so in die Person hinein fühlen zu können, einfühlsam zu sein.

Die Fähigkeit, Gefühle anderer Menschen entsprechend zu erkennen und zu interpretieren ist kaum verstanden, insofern wohl eine gewisse „Kunst“ oder „Kunstfertigkeit“. Sie steht im direkten Widerspruch zur Projektion, wo die eigene Weltanschauung und die eigenen Gefühle in die andere Person überstülpt werden und so die Person zu einer Art „Wahnvorstellung“, eine Art „Phantasie“ von einem selbst wird. Diese Phantasie hat jedoch kaum etwas mit den tatsächlichen Selbstverständnissen oder Gefühlen der anderen Person zu tun. Die Projektion erfüllt einzig einen Selbstzweck, sie befriedigt einzig die Bedürfnisse der Person, die projiziert und schadet zumeist der anderen.

Empathie ist gerade im Kontext mit bedingungsloser Liebe der Gegenpol, das Antinome, das Gegenteil von Projektion. Es ist der Versuch, über die Ästhetik eine Verbindung zur geliebten Person herzustellen, sich in die Person hinein zu versetzen. Dabei kann das empathische Verständnis bei Menschen, die sich bedingungslos lieben, schier metaphysische Züge annahmen. Die Empfindungen werden geteilt, Freude und Schmerzen mit empfunden und Gedanken verstanden, ohne dass sie ausgesprochen werden.

Die Psychologie kennt Ausdrücke dafür, die an dieser Stelle jedoch nicht wichtig sind. Denn es geht mir nicht um Wissen, sonder vielmehr um die „Kunst des Liebens“, um die Fähigkeit, bedingungslos zu lieben und geliebt zu werden. Mimik, Gestik, jede Betonung in der Sprache, Dinge, die gemacht oder auch nicht gemacht werden, Nachrichten, die kommen oder auch nicht kommen – „Man kann nicht nicht kommunizieren“ (Paul Watzlawick) – Kleidung, Essen und Berührungen. Ein Blick kann dann mehr als tausend Worte bedeuten.

Es kann wunderschön, unbeschreiblich schön sein, wie ein Tanz, schwerelos und verschmolzen. Es kann aber auch zur Hölle auf Erden werden, wenn die Lebensumstände einen voneinander reißen. Denn die Empathie und somit ein wesentlicher Teil der bedingungslosen Liebe zu einer Person, sie bleibt bestehen, ganz egal, ob in Beziehung oder getrennt.

Die Empathie, sie führt zu einer Art „blinden Verständnis“. Auf emotionaler Ebene ist dies wohl die schönste und gleichzeitig stärkste Verbindung, die zwischen zwei Menschen in einer Beziehung entstehen kann. Beruht es auf Gegenseitigkeit, so entsteht eine Vertrautheit und Geborgenheit, die nur die wahre Liebe kennt. Zutiefstes Glück entsteht aus ihr, die pure Lebensfreude.

„Hinhören statt Zuhören“, nannte Ekkehard Kappler eine der wesentlichen Fähigkeiten der Empathie. Denn beim Zuhören ist man dann „Zu“, verschlossen. Doch Empathie bedingt Offenheit und Konzentration auf die andere/den anderen, ein möglichst unvoreingenommenes Hin-Hören, Hin-Sehen und Hin-Spüren. Es sei geübt, denn nur „Übung macht die Meisterin/den Meister“ und die „Wie“-Fragen öffnen die Tür zur Seele, zum Empfinden und die „Warum“-Fragen die Tür zu den Ursachen von Schmerzen oder auch Glück. Daraus kann eine innige Beziehung entstehen.

„Die Zukunft und somit das Glück entscheidet sich einzig im Hier und Jetzt“, sagt Alfred Adler. Gegenseitige Empathie ist die Voraussetzung für die Zukunft einer Beziehung, womöglich einer bedingungslosen, gegenseitig empfundenen Liebe. Was könnte glücklicher machen? Also, nur Mut.