(c) Karl Baumann 2013: Surreal, Plansee

Die Einstein’sche Relativitätstheorie stellt in dieser Überlegung quasi die eine Seite dar, die andere Seite ist die Theorie der Quantenmechanik, aufbauend auf der Schrödingergleichung für freie Teilchenund der daraus folgenden Heisenberg’schen Unschärferelation.1„Ausgangspunkt ist die Einsteinbeziehung für Lichtquanten, die de Broglie auf materielle Teilchen angewandt hatte.“ (van Hees 1999, S. 6) Dies ist ein interessanter Nebenaspekt – beide Theorien sind in Einstein begründet. Sie gilt als subjektive Theorie. Bis ins 21. Jhd. gilt die Lösung der Unvereinbarkeit dieser beiden Theorien als die Aufgabe schlechthin in der Grundlagenforschung.

Stephen Hawking, der als genialer Wissenschaftler gilt und bisher einer der wenigen ist, der die spezielle Relativitätstheorie Einsteins verstanden und auch weiterentwickelen konnte, und Co. sind überzeugt, dass, wenn man das „missing link“ zwischen den Theorien findet, dies eine Revolution und der Durchbruch zur Erklärung der physischen Welt ist. Sie alle sind auf der Suche nach der ´Weltformel´.

Ein führender englischer Physiker sagte dazu in einem TV-Interview in BBC1: „This is an issue about subjectivism, not a physical one.“ (BBC 1, Jänner 1999) Ist Hawking oder war Einstein genial, oder sind ihre Ideen “nur” Geschmackssache?

„as Louis Queré has put it, ´to reincorporate the mind, to give it a body, do put it back in an environment, and to reinsert in a system – of objects, artefacts and cognitive technologies – to which it belongs´.” (Mialet 1999, S. 574)

Das ist ein Aufschrei dafür, dass (immer noch) alle Erkenntnis aus menschlichen Gehirnwindungen stammt. Alles Menschliche ist subjektiv im Kern. Daran ändert auch nichts, wenn wir uns eines scheinbar ´objektiven´ Systems, wie dem der Mathematik oder dessen Weiterentwicklung, der Statistik, bedienen.

„Statistik beschränkt sich nicht nur auf die Zusammenfassung und Darstellung von Daten (…), sondern sie ermöglicht allen empirischen Wissenschaften objektive Entscheidungen über die Brauchbarkeit der überprüften Hypothesen.“ (Bortz 1993, S. 1)

Und dabei schreibt Bortz absurder Weise auf der nächsten Seite folgendes:

„Wir wollen den empirischen Forschungsprozeß mit dem Interesse eines Forschers (Anm.: einer Forscherin) (…) an einem bestimmten Problem beginnen lassen und Fragen, die sich z.B. mit der Wertbezogenheit oder Wertfreiheit der empirischen Forschung verbinden, nicht gesondert behandeln.“ (Bortz 1993, S. 2)

Es wird also ´Objektivität´ als Grundannahme vorausgesetzt. Doch kann das System der Statistik oder auch Mathematik seinen Anspruch der ´Objektivität´ nicht halten, da die Einflussfaktoren, Zahlenmengen oder eben das ´Objekt´ eines empirischen Relatives (vgl. Bortz 1993, S. 20ff) von vornherein subjektiv sein müssen. Dabei gilt, dass auch die Mathematik kein geschlossenes System sein kann.

„(…) Das war die Ursache der tiefen Krise, die die Selbstzufriedenheit der Wissenschaft jener Zeit zerschmetterte. Wie sollen wir wissen, welche dieser Geometrien richtig ist? Wenn es keine Kriterien für eine Unterscheidung zwischen beiden (Anm.: Geometrien) gibt, dann hat man eine totale Mathematik, die logische Widersprüche zulässt. Aber eine Mathematik, die logische Widersprüche zulässt, ist überhaupt keine Mathematik. Der Endeffekt der Nichteuklidischen Geometrie ist deshalb nichts weiter als der Hokuspokus eines Zauberers, an den man eben einfach glauben muß!“ (Pirsig 2000, S. 276)

Ganz einfach bedeutet das, dass, wie auch immer kompliziert oder auch komplex und undurchschaubar Berechnungen von A. Einstein, St. Hawking, W. Heisenberg und Co. für andere sind, sie bleiben winzige Detailauflösungen unter der Bürde von Grundannahmen.

„By dismantling bit-by-bit all the criteria of scientificity – the reproduction of experiences (Harry Collins), the interpretation of results (Bruno Latour and Steven Woolgar, Martin Rudwick; Simon Schaffer), criteria for evaluating proof (Andy Pickering), to mention but a few – they have challenged the division upon which science has traditionally been thought to be based: the context of discovery versus that of justification; the cognitive versus the social; the subjective versus the objective.” (Mialet 1999, S. 551)

Die ´Denke´ wird erweitert, es ist ein vielleicht nur feiner Unterschied, jedoch sind die Grundansätze ganz andere, wenn davon die Rede ist, dass zwar vieles gewusst wird, aber eben noch viel mehr nicht gewusst. Und dabei ist es gerade so, dass je mehr wir wissen, umso viel mehr wissen wir nicht.

»Ich komme, ich weiß nicht woher,
Ich bin, ich weiß nicht wer,
Ich sterb´, ich weiß nicht wann,
Ich geh´, ich weiß nicht wohin,
Mich wundert´s, daß ich fröhlich bin.«
(Jaspers, in: Zoll 1988, S. 454)

Bibliographie

  • Mialet, Hélène (1999): Do Angels Have Bodies? Two Stories About Subjectivity in Science: The Cases of William X and Mister H, in: Social Studies of Science 29/4, August 1999, SAGE Publications
  • Bortz, Jürgen (1993): Statistik für Sozialwissenschaftler, Springer-Verlag, Berlin, 4. Auflage
  • Pirsig, Robert M. (2000): Zen und die Kunst ein Motorrad zu warten, Fischer Taschenbuch Verlag, 26. Auflage, Frankfurt am Main
  • Zoll, Rainer (Hrsg.) (1988): Zerstörung und Wiederaneignung von Zeit, Frankfurt am Main 1988