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Es ist wohl eine der schwierigsten Fragen in unserem sozialen Leben, wie passt die „bedingungslose Liebe“ mit „Beziehung“ zusammen. Die Antwort kommt direkt und klar und deutlich – „Beziehungen“ sind vielfältig, wohl so vielfältig, wie wir Menschen selber auch. Die „bedingungslose Liebe“ ist die Grundlage, jedoch keineswegs die Garantie für das Gelingen einer langfristigen Beziehung.

Unser Leben wird durchdrungen von sozialen Beziehungen im privaten wie auch im beruflichen Umfeld. Überall treffen wir auf Menschen, mit denen wir mehr oder weniger im Austausch sind und die Beziehungen laufen ab. So wir uns mit etwas gegenseitigem Respekt und Empathie begegnen, dann auch in der Regel harmonisch, friedlich und für beide Seiten zufriedenstellend. Liebe im Sinne von „Nächstenliebe“ ist bei solchen Begegnungen jedenfalls positiv.

Doch wie ist es in einer Partnerschaft, die nach Erich Fromm auch in eine exklusive „erotische Liebe“ mündet. Erich Fromm ist sehr klar in seiner Darstellung, als er der Meinung ist, dass die Exklusivität des Partners als Sexualpartner wesentlich ist. Die sexuelle Treue – wie wir das heute formulieren würden – ist die Grundlage der „erotischen Liebe“.

Damit hat er schon eine Bedingung für Partnerschaft ausgesprochen. Er ist fest der Meinung, dass Sexualität ausschließlich zwischen den PartnerInnen innerhalb einer Beziehung passiert. Alles andere sieht er als eine Kompensation von Defiziten welcher Art auch immer, die dazu führen, dass die sexuelle Lust und somit die Sexualität in eine gewisse Form von Perversion mündet. Das führt dann dazu, dass die Sexualität außerhalb der Partnerschaft ausgelebt werden muss. Womit die Wurzel, die Ursachen, das eigentliche Defizit, das zu einem solchen Verhalten führt, jedoch nicht behoben wird.

Aus dieser Sicht wird klar, dass die „bedingungslose“ Liebe nicht zwingend auch in eine Beziehung oder Partnerschaft münden kann oder muss. Was außer Streit steht, dass eine „bedingungslose“ Liebe der beste Boden, das beste Fundament für eine Beziehung ist und sehr wahrscheinlich auch nur auf dieser Basis Treue und Loyalität entstehen kann.

Dabei liegt die Betonung auf „entstehen“ und auf „kann“. Niemand kann jemanden gewaltfrei dazu zwingen, etwas zu tun, was Sie/Er von einem gerne hätte. Das schafft einzig die Liebe. Somit sind die so wichtigen Werte in einer Beziehung „Treue“ und „Loyalität“ keine Bedingung, keine Forderung, sondern eine Folge aus der „bedingungslosen“ Liebe, das ergibt sich.

Eine Beziehung, eine Ehe hingegen beruht auf einer ganz entscheidenden Bedingung – die beiden PartnerInnen sagen sich offen und ehrlich ihre Wünsche und Bedürfnisse. Gary Champman hat dazu das Konzept der 5 Sprachen in einer Beziehung1 Er nennt es „Liebe“, meint jedoch in diesem Kontext „Beziehung“ entwickelt: (1) Sexualität & Zärtlichkeit, (2) gemeinsame Zeit & Zweisamkeit, (3) Hilfsbereitschaft, (4) Lob & Anerkennung und (5) Geschenke. Die Wünsche und Bedürfnisse können in diese Kategorien gebracht werden, so gewünscht. Doch das Wesentlich ist, dass eine aktive Kommunikation zwischen den PartnerInnen über die jeweiligen Wünsche und Bedürfnisse stattfindet und somit die Zufriedenheit in der Beziehung ausreichend gegeben ist. Das ist quasi die „Grundbedingung“ für eine nachhaltige Beziehung. Freilich können niemals alle Wünsche und Bedürfnisse vollständig erfüllt werden, viel mehr ist es eher eine Frage nach „was überwiegt“, eine Frage nach dem gegenseitigen „Bemühen“, eine Frage nach der gegenseitigen Geduld, Disziplin und Aufmerksamkeit (Erich Fromm schreibt von „Konzentration“2(vgl. Erich Fromm: Die Kunst des Liebens)) im Umgang mit den eigenen und den Wünschen und Bedürfnissen der Partnerin/des Partners.

Dabei sind Kompromisse immer schon faul in ihrem Grundwesen und führen zwangsläufig und unweigerlich zu einer gewissen Form von Unzufriedenheit, vielleicht sogar Frustration. Viele eher geht es um eine gewisse Form der Balance im jeweiligem Geben und Nehmen, eine Form von individueller „Zufriedenheit“ würde Marshall B. Rosenberg3 Beründer der Gewaltfreien Kommunikation wohl sagen. Ein Ausgleich in der Erfüllung der jeweiligen Bitten nach Erfüllung der in ihrem Wesen durchaus ganz egoistischen Wünsche und Bedürfnisse der Partnerin/des Partners.

Das Erfolgsrezept für langfristige Beziehung ist letztlich, dass die jeweiligen Wünsche und Bedürfnisse wertgeschätzt und das ehrliche Bemühen gegeben ist, diese auch zu erfüllen. Der Partnerin/Dem Partner deutlich öfter mit ehrlich gemeinten Komplimenten entgegen zu treten, denn zu kritisieren, ist jedenfalls ein sehr guter Start, eine wesentliche Grundlage.

Aus dem ergeben sich somit zwei Möglichkeiten im Zusammenhang zwischen „bedingungsloser Liebe“ und „Beziehung“:

  • Wir lieben eine Person bedingungslos und sind auch mit ihr in einer Beziehung.
  • Wir lieben eine Person bedingungslos, sind jedoch nicht mit ihr in einer Beziehung.

Die „bedingungslose Liebe“ ergibt somit nicht zwingend auch eine Beziehung. Wir können jemanden lieben und dennoch sind wir getrennt voneinander.