(c) 2010 Karl Baumann: Sarg im Ghetto Theresienstatt, aufgenommen mit Nokia E71

Diesen Ausspruch habe ich vor vielen Jahren bei einem Seminar im Kontext zu „Konfliktmanagement“ gehört und er hat mich all die Jahr immer wieder stark bewegt. Gerade gestern zum 80. Jahrestag der „Befreiung“ des „Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau“ und dem „Internationalen Holocaust-Gedenktag“ war dieser Satz wieder sehr stark präsent bei mir.

Nach vielen Büchern zum Thema „Liebe“, der Auseinandersetzung mit Erich Fromm, Alfred Adler, Marshall B. Rosenberg, Alain de Botton, Michael J. Sandel, Anselm Grün, Gerald Hüther, Stefanie Stahl, et al., der persönlichen Erfahrung von „Liebe“ in unterschiedlichen Kontexten, Familie, Partnerschaft, der Erfahrung von Lüge, Betrug und Trennung, privat wie beruflich, der intensiven Erinnerung an den Besuch das „Konzentrationslagers Mauthausen“ noch während meiner Schulzeit, einem Besuch des „Ghetto Theresienstadt“ im März 2010 und unzähligen anderen Erfahrungen.

Klar abgegrenzt von jeder Form von Esoterik tat ich mich sehr schwer mit diesem Zugang. Doch heute habe ich verstanden, dass „Liebe“ ein Gefühl und eine Fähigkeit (skill) ist, die wir alle erlernen können. Im Zentrum steht dabei „ganz einfach“ die Menschlichkeit (Humanismus).

Wir alle, jede und jeder von uns ist auf der Suche nach der Liebe. Es ist ein wohlig warmes Gefühl und das tiefste Bedürfnis, das wir Menschen in uns tragen. Dabei können wir Liebe empfangen und Liebe geben. Beides ist für Menschen, die Liebe als Baby, als Kind nicht erfahren haben, keine enge Bindung vor allem zur Mutter aufbauen konnten, eine sehr schwierige Aufgabe.

Bei genauer Betrachtung zeichnet all diese Menschen etwas aus: Sie haben schon als Baby eine „Zurückweisung“ erlebt, zumeist sogar das Gefühl von Schuld. Dies führt dazu, dass sie Zurückweisungen nicht durch Liebe verarbeiten können. Sie können nicht „alle Menschen lieben“, sie können primär nur „sich selbst lieben“. Das ist ihr primärer „Schutzmechanismus“ gegen weitere Verletzungen. Sie sind zutiefst unglückliche Menschen, im tiefsten inneren verbittert und frustriert. Deshalb sind sie grundsätzlich „dagegen“ und nicht „dafür“.

Doch die Sprache und das Gefühl der Liebe ist primär eine Sprache und ein Gefühl des „dafür“.

Genau darin liegt die Herausforderung und auch die Fähigkeit des „Du kannst alle Menschen lieben“. Es bedeutet, auch jene Menschen zu lieben, die dich zurückgewiesen, die dir Schmerzen, die dir Verletzungen zugefügt haben. Insofern wird es nicht möglich sein, „jeden Menschen zu mögen“.

In Zentrum der „Liebe“ steht die Ehrlichkeit, die Dankbarkeit, das Verständnis, die Vergebung und die Großzügigkeit und „Liebe“ erfordert die Fähigkeit des Ausdrucks der eigenen Gefühle. Und um die eigenen Gefühle zum Ausdruck bringen zu können, benötigt es die sprachliche Fähigkeit und die Fähigkeit, einen Bezug zu den eigenen Gefühlen herstellen zu können.

Denn Menschlichkeit bedeutet Gefühle und jede Form der Gewalt, jede Form der Un-Menschlichkeit hat ihren Ursprung in unterdrückten Gefühlen. Das stärkste aller Gefühle ist jenes der „Liebe“, in all ihren unterschiedlichen Ausprägungen. Dabei ist der Ausdruck von Gefühlen keine Schwäche, sondern die größte und wichtigste Fähigkeit, die Frau/Mann im Leben erlernen kann. Und genau diese Fähigkeit macht dann Frau/Mann nicht oberflächlich, sondern tatsächlich stark, tatsächlich resilient, tatsächlich tiefgehend gesund und somit glückselig. Aus dieser Position der inneren Stärke kann Frau/Mann dann tatsächlich menschlich fühlen, denken und handeln, also lieben.

Wird der Mensch zur Maschine, so wie wir das gerade bei Elon Musk et al. erleben, so passieren schlimme Dinge, vielleicht sogar unter dem Titel der „Liebe“. Donald Trump et al. spricht ganz häufig von der Liebe. Doch Liebe zeigt sich nicht an dem, was jemand sagt, Liebe zeigt sich zu jedem Zeitpunkt an dem, was jemand tut. Liebe zeigt sich an den Tatsachen.

„Ich mag Dich nicht, doch ich liebe Dich.“

Dies zu fühlen und entsprechend mit den Mit-Menschen umzugehen wäre der Anfang einer gesunden Gesellschaft, der Anfang einer friedlichen Gesellschaft, der Anfang einer ganz großartigen Gesellschaft.

Es ist eine schöne Vision, denn die Un-Menschlichkeit, der „Mensch als Maschine“ ist freilich omnipresent. Es geht nicht „nur“ um Jüdinnen & Juden, es geht um jede Form von Gewalt, jede Form von Feindbild, jede Form von Missgunst, jede Form von Rücksichtslosigkeit, jede Form von Hass, die wir tagtäglich mehr oder weniger erleben.

Und durch den weiterhin global steigenden Ausstoß von Treibhausgasen primär durch die Nutzung fossiler Brennstoffe (Kohle, Gas, Öl) und der Fleischproduktion, der sich daraus ergebenden globalen Erderwärmung, dem Klimawandel und der Vernichtung der Biodiversität (Artensterben) steuern wir gerade auf den größten „Genozid“ der Menschheitsgeschichte zu, leise und fernab von der aktuell omnipresent lauten Tages-Politik des „Dagegens“.