Ökonomen, Betriebswirte, Statistiker, Mathematiker und viele andere mehr beschäftigen sich mit der „Optimierung von Entscheidungen“. Zumeist wird in diesem Kontext unterschieden zwischen „rationalen“ und „irrationalen“ oder auch „vernüftigen“ und „unvernüftigen“ Entscheidungen unter dem Gesichtspunkt der eigenen „Nutzenmaximierung“. Dabei wird „Nutzen“ – verkürzt dargestellt – vermehrt auf die Maximierung des monetären Vermögens oder Einkommens reduziert. Es geht darum, möglichst viel Leistung bei möglichst geringen Kosten zu erhalten. Ein gutes „Geschäft“ ist es dann, ein guter „Deal“, wenn für einen das best Mögliche zum grinst möglichen Preis „raus springt“.

Doch dieses „ökonomische“ Konzept hat seine Grenzen bzw. wird ad absurdum geführt, sobald Gefühle mit gedacht werden. Denn Gefühle lassen sich nicht kaufen. Liebe und Respekt lassen sich nicht kaufen, eher sogar im Gegenteil. Wer glaubt, sie/er könnte einen anderen Menschen „kaufen“, wird mit sehr großer Wahrscheinlichkeit eher Abneigung, im „besten Fall“ erzwungene Abhängigkeit, also eine Art „Prostitution“ bekommen. Die „Beziehung“ wird zu einem „Deal“, zum einem „Geschäft“. Das kann gut gehen, ich würde meinen, es ist im Kontext der Kapital- & Machtgesellschaft sogar in der überwiegenden Mehrheit bei „Paarbeziehungen“ so. Der Kopf, der Verstand, die Vernunft entscheidet, ganz pragmatisch.

Doch die längste und gewiss schwierigste Reise im Leben eines jeden Menschen „geht von ihrem/seinem Kopf zu ihrem/seinem Herzen“. Im Kontext von Entscheidungen wird hier das s.g. „Bauchgefühl“ von Ökonomen und WirtschaftswissenschafterInnen strapaziert, die mit ihren Erklärungsmodellen nicht weiter kommen. Sie wissen, dass Entscheidungen wenig bis nichts mit ihrer Form der „Rationalität“ tatsächlich zu tun haben. Die verhaltensorientierte Ökonomie (Ernst Fehr et al.) versucht darauf einzugehen und findet einen Bezug zur Kognitionswissenschaft. Der Begriff „bounded rationality“ wird gefunden und Konzepte wie Gruppendenken, kognitive Dissonanz oder selektive Wahrnehmung werden in die Entscheidungstheorie eingebunden.

Doch auch das greift aus meiner Sicht zu kurz bzw. beginnt weiter mit einem stark reduzierten Konzept aus der Moderne. Die Linearität im Denken ist überwiegend. Das ändert sich erst in dem Moment, in dem auch Gefühle oder noch besser, Entscheidungen ausschließlich über Gefühle erklärt werden. Die Gefühle leiten unser Handeln (Stefanie Stahl et al.). Dabei ist eines der wesentlichen Gefühle das der Angst, der Scham, der Gier, der Eifersucht, der Eitelkeit.

Mit seinem Herzen zu sehen, zu fühlen und letztlich zu entscheiden geht um einiges weiter, um einiges tiefer. Es ist ein Entscheiden, ein Handeln aus Liebe. Dabei spielt die Angst und die Scham keine Rolle oder wird bewusst, weil reflektiert. René Girard ist der Meinung, dass diese Gefühle, diese „mimetischen Kräfte“, wie er sie nennt, nicht überwunden werden können. Doch sie können reflektiert werden, bewusst gemacht werden und so kann ein Weg hin zu einer Entscheidung „von Herzen“ entstehen. Eine Entscheidung, die dem Anspruch der reifen Liebe nach Erich Fromm entsprechen kann: „Ich brauche Dich, weil ich Dich liebe.“

Eine solche Entscheidung benötigt keine Rationalität, eine solche Entscheidung benötigt in erster Linie Mut. Den Mut zur Verletzlichkeit, den Mut, ausgelacht zu werden, den Mut, bespuckt zu werden, den Mut, beschimpft zu werden, den Mut, anders zu sein, den Mut, so zu sein, wie Frau/Mann ganz „einfach“ ist, absonderlich, ver-rückt, den Mut, vielleicht sogar ausgestoßen und getötet zu werden.

„Geben ist seliger denn Nehmen“ ist für die (klassische) Ökonomie und Wirtschaftstheorie vollkommen absurd. Doch die „Ökonomie der Liebe“ beruht genau auf dieser Erkenntnis. Eine Entscheidung von Herzen trägt genau dieses Selbstverständnis im Kern. Eine solche Entscheidung hat verstanden, dass „glücklich haben“ keinen Sinn ergibt, sondern „glücklich sein“ (vgl. Erich Fromm).