
Es gibt das Stanford marshmallow experiment, bei dem es kurz darum geht, wie Kinder mit Verzicht umgehen und welchen Einfluss dies auf die Entwicklung der Kinder später hat. Es wurde erstmals 1970 durchgeführt und die Ergebnisse deuteten verkürzt darauf hin, dass jene Kinder sich „besser“ entwickeln, die mehr Geduld, Selbstdisziplin und die Fähigkeit zum Verzicht zeigten, als die anderen.
Studien aus den 2020igern bezweifeln dies, da sie zu dem Schluss kommen, dass jene Kinder, die sofort zugreifen, im aktuellen Kontext erfolgreicher sind. Gier ist im Kontext einer Konsumgesellschaft ganz klar erwünscht, weil es zu mehr Konsum, daher mehr Umsatz und somit in der Folge sehr wahrscheinlich auch zu mehr Profit für Unternehmen führt. Schnelle Reaktionen und schnelle Ergebnisse werden erwünscht.
Was diese Studie leider nicht sagt, da es nicht direkt untersucht wurde bzw. die Fragestellung nicht derartig gestellt wurde: Welche Kinder werden glücklicher?
Verzicht ist für eine Wirtschaft, die auf Konsum aufbaut, wie Gift. Es ist das genaue Gegenteil von dem, was Unternehmen von uns wollen. Unternehmen wollen, dass wir uns glücklich konsumieren und somit ihre Gewinne wachsen lassen. Deshalb ist Gier im Kontext einer „Konsumgesellschaft“ positiv konnotiert. Auch im Kontext der Anhäufung von Kapital und Vermögen (Kapitalismus) ist Gier positiv konnotiert. Es kann nie genug sein und es gibt zumeist immer jemanden, der noch mehr hat. Gier und Neid sind Schwestern oder zwei Seiten von ein und derselben Medaille.
Wer in diesem Kontext von Verzicht spricht, gilt als absurd, krank, ja vielleicht sogar feindlich oder gefährlich. Sie/Er wirkt nicht potent, von Verzicht zu sprechen in einem Kontext, wo es darum geht, mehr und schneller zu konsumieren, wirkt wie verlieren („looser“).
„Glück kommt von sein und nicht von haben.“
Erich Fromm
Dabei deutet sehr vieles darauf hin, dass der Zustand der Glückseligkeit in sehr engem Zusammenhang mit Verzicht steht. Nun mag dies paradox im Kontext der Konsumgesellschaft klingen.
Dabei ist die Erklärung sehr einfach: Ständiges Konsumieren lässt den Fokus auf das immer Neue richten, auf das, was andere haben und ich nicht habe. Jeder „Konsumerfolg“ (das inkludiert auch das Konsumieren von Partnerschaften, Pornographie, etc.) stößt Dopamin aus, was im schlimmsten Fall in ein Suchtverhalten führt.
Verzicht hingegen lässt den Fokus auf das richten, was ich bereits habe und somit kann eine Dankbarkeit für das entstehen, was da ist und gleichzeitig eine Vor-Freude auf etwas, was vielleicht irgendwann noch dazu kommt, selbst wenn es nur etwas sehr „kleines“ ist.
Ein solches Verhalten bedingt die Kultivierung von Gier und Neid in Richtung von Geduld, Verzicht, Genügsamkeit und Dankbarkeit. Dabei ist Dankbarkeit der beste Weg hin zur Glückseligkeit, Liebe und somit Gesundheit. Diese Kultivierung ist zunehmend unter Druck (z.B. selbst Yoga ist heute „Power-Yoga“). Seinen eigenen Geist zu kontrollieren und die Gelüste zu kultivieren galt als fortschrittlich.
Effizienz bringt dieses Gut unter Druck, Geschwindigkeit bringt diesen Wert unter Druck und auch eine Vorstellung von Erfolg, die an materiellen Güter gebunden ist, bringt dies unter Druck.
Für etwas zu brennen bedeutet verzichten. Verzicht auf all das andere, denn ich brenne für das eine. Zu lieben bedeutet verzichten. Denn ich liebe das eine, ohne das andere zu begehren.
Verliebtheit lässt sich im Gehirn messen, Liebe jedoch nicht. Die Freude über das wenige, das da ist, sie wäre so wichtig für die Glückseligkeit.